Veröffentlicht auf 27/11/2025

PLA HT: Die Entwicklung von PLA für technische Anwendungen

Materialien

Das herkömmliche PLA ist einfach zu drucken, biologisch abbaubar und die beim Drucken erzeugten Emissionen sind weitaus weniger schädlich als bei anderen Materialien, leidet jedoch unter Verformungen bei relativ niedrigen Temperaturen. Tatsächlich beginnt es bei etwa 55°C weich zu werden und verliert seine Form bei etwa 60–70°C. Diese geringe Wärmebeständigkeit des PLA schränkt seine Verwendung in funktionalen Teilen ein, die Hitze oder Belastung ausgesetzt sind. Um diese Grenze zu überwinden, wurden Hochtemperatur-PLA-Filamente (HT-PLA) entwickelt, die die Druckfreundlichkeit von Standard-PLA beibehalten, aber viel besser hitzebeständig sind.

PLA vs HT-PLA: wie das neue Material funktioniert

Bild 1: Vergleich eines Objekts aus HT-PLA (links) mit einem generischen PLA-Objekt (rechts) nach Hitzeeinwirkung. Quelle: Polymaker

Mehrere Hersteller, wie Polymaker und Spectrum, beschreiben HT-PLA als PLA der nächsten Generation das seine Form selbst unter extremen Temperaturen (bis 150°C) beibehält, „ohne Verformungen, ohne Einsinken, ohne Kompromisse“. Gleichzeitig druckt dieses Material genauso leicht wie normales PLA, mit Standard-PLA-Einstellungen (Düsentemperaturen von ~210–230°C und Heizbett 25–60°C) und ohne geschlossenen Bauraum. Das bedeutet, es bietet den Komfort von PLA (verformt sich beim Drucken kaum und schrumpft nicht merklich) bei gleichzeitig deutlich höherer Hitzebeständigkeit. Polymaker gibt außerdem an, dass HT-PLA keine nachträgliche Wärmebehandlung benötigt: „einfach drucken und fertig.“ Optional kann für anspruchsvolle Anwendungen ein thermischer Nachbehandlungsprozess (Annealing) angewendet werden, bei dem das Teil 30 Minuten bei ~100°C erhitzt wird, wodurch der Erweichungspunkt weiter steigt. Heutzutage kann dies in einem fortschrittlichen Filamenttrockner wie dem Sunlu Filadryer E2 durchgeführt werden. Zusammengefasst vereint HT-PLA die Druckfreundlichkeit von PLA mit thermischen Eigenschaften, die industriellen Materialien nahekommen.

Hauptmerkmale von HT-PLA

Bild 2: Modell in HT-PLA Farbe “Tropical” von Polymaker. Quelle: Polymaker

Die Eigenschaften verschiedener HT-PLA-Filamente variieren je nach Faserverstärkung und Hersteller. Die häufigsten Schlüsselfunktionen sind:

  • Hohe thermische Stabilität: verformt sich bis zu 100–150°C nicht, weit über den ~60°C von Standard-PLA.
  • Einfache Verarbeitung: mit generischen PLA-Einstellungen verwendbar (Düse 210–230°C, Heizbett 25–60°C, Lüfter an); kein geschlossener Bauraum oder spezielle Zusatzmaterialien erforderlich.
  • Mechanische Festigkeit: Zugfestigkeit vergleichbar mit verstärktem PLA (z. B. ~42,8 MPa auf der X-Achse) je nach Material und Hersteller, ohne glatte Oberflächen oder Schichthaftung zu beeinträchtigen.
  • Geschwindigkeit und Fließfähigkeit: sehr schnelle Druckgeschwindigkeiten möglich (bis 300 mm/s), gleichwertig oder besser als viele handelsübliche PLA-Filamente.
  • Einfache Nachbearbeitung: keine chemischen Behandlungen oder Beschichtungen erforderlich; bei Polymaker HT-PLA kann jedoch ein Nachbehandlung (Annealing) den Vicat/HDT auf etwa 150°C erhöhen.
  • Umweltfreundlich: behält die Biologischabbaubarkeit des ursprünglichen PLA bei (Polymaker gibt an, dass die Matrix hauptsächlich PLA enthält, mit minimalen nicht biologisch abbaubaren Bestandteilen).
  • Farbauswahl: erhältlich in matten und seidenmatt glänzenden Tönen, auch für professionelle Endprodukte geeignet.

Dank dieser Eigenschaften ermöglicht HT-PLA den Druck komplexer und detaillierter Teile für technische Anwendungen, die früher ABS/ASA oder andere anspruchsvolle Polymere erforderten, ohne auf die Bequemlichkeit des PLA-Arbeitsablaufs zu verzichten.

HT-PLA-GF: Hochtemperatur-PLA mit Glasfaserverstärkung

Während andere Hersteller HT-PLA-Varianten wie Add:north mit seinem PLA-HT Pro anbieten, das hohe Temperaturen aushält, bietet Polymaker zusätzlich HT-PLA-GF (Glasfaser), eine Version mit ca. 12 % Glasfaserverstärkung.

Bild 3: Eine Rolle HT-PLA-GF. Quelle: Polymaker

Diese Variante beibehält die einfache Druckbarkeit des Standard-HT-PLA, fügt jedoch zusätzliche Steifigkeit und mechanische Festigkeit hinzu. Laut Polymaker erreicht HT-PLA-GF nach dem Nachbehandeln eine „Wärmebeständigkeit ähnlich wie ABS“ und hält mechanische Lasten bei Temperaturen bis ~130 °C ohne Erweichung aus. In der Praxis bedeutet dies, dass HT-PLA-GF-Teile (z. B. Regale, Halterungen oder funktionale Komponenten) in Umgebungen eingesetzt werden können, die früher nur Materialien wie ABS oder Nylon tolerierten.

Die Glasfaser macht das Material leicht abrasiv für normale Düsen: Polymaker empfiehlt gehärtete Düsen für HT-PLA-GF. Der Gewinn an Stabilität und Steifigkeit rechtfertigt diesen Zusatzaufwand jedoch meist. HT-PLA-GF ist in der Regel für professionelle Anwendungen gedacht, die maximale dimensionsstabile Hitzebeständigkeit erfordern (z. B. Silikonformen für Heißguss, Maschinenteile unter Reibung oder Hitze), ohne die Druckfreundlichkeit von PLA zu verlieren.

Druck und Nachbehandlung (Annealing) von HT-PLA

Der Druck mit HT-PLA ähnelt stark dem von Standard-PLA. Typische Parameter: Düse 210–230°C, leicht beheiztes Bett (25–60°C), Lüfter eingeschaltet. Kein langes Vorheizen oder spezielle Kleber erforderlich (leichte Bettwärme oder Klebeband kann Haftung verbessern). Keine geschlossene Kammer erforderlich, da sich das Material beim Drucken kaum verformt. Dadurch können große Teile auf offenen Druckern ohne nennenswertes Warping gedruckt werden.

Video 1: HT-PLA-GF und der Nachbehandlungsprozess. Quelle: Polymaker

Nach dem Drucken kann die Wärmebeständigkeit durch Nachbehandlung verbessert werden. Typischerweise wird das Teil 30 Minuten bei 80–100°C gebacken. Dadurch kristallisiert das Basis-PLA teilweise, wodurch die Wärmeverformungstemperatur (HDT) von ca. 60°C (gedruckt) auf über 150°C steigt. Wichtig: auf einer nicht hitzeabstrahlenden Oberfläche (Glas, Keramik) behandeln und im Ofen abkühlen lassen, um Verformungen zu vermeiden. Polymaker bestätigt, dass sowohl HT-PLA als auch HT-PLA-GF nachbehandelt werden können, die GF-Version jedoch stärkere HDT-Steigerungen erzielt.

Für das Equipment gibt es außer der gehärteten Düse für HT-PLA-GF keine besonderen Empfehlungen. Normales HT-PLA ist nicht abrasiv und mit allen konventionellen FDM-Druckern kompatibel. Zusammengefasst: übliche PLA-Einstellungen funktionieren praktisch ohne Anpassung, ermöglichen aber Teile, die deutlich höhere Temperaturen aushalten.

Professionelle Anwendungen und praktische Beispiele

Bild 4: Ein Bohrmaschinen-Akkumulator-Organizer aus HT-PLA-GF. Quelle: Polymaker.

Polymaker hebt dieses Beispiel hervor: Nach dem Nachbehandeln erreicht das Teil eine „mechanische Festigkeit höher als ABS“. Es zeigt, dass HT-PLA-GF für Werkzeughalter, Befestigungen und Werkstattteile verwendet werden kann, die Schlägen und Hitze standhalten müssen (z. B. heiße Akkus oder Teile an sonnigen Orten lagern).

Weitere Anwendungsbeispiele: Gehäuse und Halterungen für Hitze-exponierte Elektronik (Gerätelüfter, Drohnen, Fahrzeuge), schnelle Silikonformen bei Temperatur (dank hoher Härte) oder Prototypen und Montagewerkzeuge, die in der Sonne oder warmen Umgebungen funktionieren (Automobil, leichte Flugzeuge, Automatisierung). Für professionelle Maker eröffnet HT-PLA Projekte, die zuvor ABS/ASA vorbehalten waren: Werkstatt-Jigs, leichte Fabrikwerkzeuge, thermisch stabile Modelle oder ästhetische Außenteile.

Natürlich ist es kein universeller Ersatz für technische Kunststoffe (nicht chemikalien- oder feuerbeständig wie Polysulfon). Vorteil: PLA-Eigenschaften bleiben erhalten (leichter Druck, relative Biokompatibilität, keine spezielle Belüftung nötig) bei Hitzeresistenz wie bei schwer druckbaren Polymeren.

Weitere Alternativen und ähnliche Marken

Obwohl Polymaker Pionier der HT-PLA-Familie ist, ist es nicht das einzige Unternehmen in dieser Kategorie. Hersteller wie Add:north, Spectrum oder 3DXTech experimentieren mit modifizierten PLAs für höhere Wärmebeständigkeit. Der allgemeine Trend ist klar: Durch Additive oder spezielle Formulierungen kombinieren Anbieter die Leichtigkeit von PLA mit erhöhter Hitzestabilität.

Jedes Material hat jedoch Nuancen (z. B. manche Hochtemperatur-PLAs sind spröder oder benötigen optimale Imprägnierung). Polymaker hat daher Tests und Optimierungen durchgeführt (z. B. gleichmäßig verteilte Glasfaser-Technologie), um Konsistenz und einfache Handhabung zu gewährleisten. HT-PLA erweitert den Markt: Nutzer können heute unter mehreren kommerziellen Optionen wählen, um Projekte umzusetzen, bei denen Hitze ein Problem darstellte.

Fazit

Die Entwicklung von HT-PLA (und seiner Variante HT-PLA-GF) ist ein großer Fortschritt für Maker und Profis, die funktionale Teile drucken möchten, ohne die Kompromisse von ABS und anderen traditionellen Materialien. Dank Innovationen wie von Polymaker kann man mit der Einfachheit von PLA drucken und gleichzeitig eine Wärmeresistenz nahe ABS erreichen. Dies erweitert die Einsatzmöglichkeiten von PLA, ermöglicht Anwendungen unter starker Hitze (Automobilkomponenten, Werkzeuge, industrielle Prototypen), die früher nicht möglich waren. Gleichzeitig behält HT-PLA die Vorteile von PLA: FDM-Drucker, hohe Geschwindigkeit, keine Heizkammer erforderlich, geringe Prozesskomplexität. HT-PLA erweitert die einfache Druckbarkeit von PLA in neue Leistungsbereiche.